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Deutsches Verpackungsregister – Eine Schachtel mit sieben Siegeln

Oder auch: Ich will doch einfach nur ab und an ein signiertes Buch verschicken!

Weil deutsche Gesetzgebung manchmal nicht so durchdacht ist, gibt es seit einer Weile gesetzliche Verpflichtungen, dass „Inverkehrbringer“ von Waren sich am Recycling beteiligen müssen – ohne Untergrenzen oder Ausnahmen für Kleinstmengen. Der Grundgedanke ist ja okay, aber die Umsetzung … [Denkt euch einfach einen länglichen Rant.]

Wichtig: Ihr seid nicht zu doof, das System zu kapieren, die Webseite des verpackungsregister.org ist leider echt mieserabel getextet und gestaltet. (Sorry, falls die Personen das lesen, die für die Seite verantwortlich sind. Schreibt mich an, wenn ihr Unterstützung möchtet, das mal alles verständlich für Normalmenschen aufzurollen. Es ist mein Job, komplexe Sachverhalte auf Menschlich zu übersetzen.)

Ich hab nach zwei vergeblichen Versuchen mich einzulesen beim Support angerufen und hatte eine sehr nette Dame dran, die deutlich verständlicher war als der Begriffskauderwelsch auf der Webseite. Die Schlüssel-Erkenntnis war:
Es gibt zwei Teile:
1. Registrierungspflicht und
2. Systembeteiligung (sprich: Geld einwerfen).

Und gleich vorne weg, wahrscheinlich kann ich eure Rückfragen auch nicht beantworten. Ich schreibe hier nur auf, was ich für mich rauskristallisiert habe. Ruft im Zweifelsfall bei der Hotline an, die Menschen dort sind wirklich nett und hilfreich und erklären auch gerne, wenn was unklar ist (was bei der Webseite jetzt echt kein Wunder ist).

Reicht eine Registrierung aus?

Für Autor:innen, die gewerbsmäßig Bücher schreiben und Printbücher (zB signierte Exemplare) im zugeklebten Umschlag oder Päckchen verschicken, gilt die Registrierungspflicht im Verpackungsregister. Das Ding heißt LUCID, sonderlich hellsichtig finde ich allerdings nichts daran.

Wenn Endkund:innen unsere Bücher kaufen und wir ihnen die Bücher per Päckchen oder verschlossenem Umschlag schicken, gilt auch die Systembeteiligungspflicht.

Wenn man mal die richtige Seite auf der Webseite gefunden hat, verrät die zu Büchern Folgendes:

Verkaufsverpackungen von Büchern bis 1 Stück sind systembeteiligungspflichtig, weil sie typischerweise in Privathaushalten und vergleichbaren Anfallstellen (im Sinne von § 3 Abs. 11 VerpackG) anfallen. Dies betrifft Einzelverpackungen insbesondere Einzeleinschläge bzw. Folien um einzelne Bücher.

Verpackungen (außer Versandverpackungen) von Büchern über 1 Stück sind nicht systembeteiligungspflichtig, weil sie typischerweise im Handel anfallen. Werden mehrere Bücher zusammen verpackt (z.B. fünf oder zehn Taschenbücher in einem Einschlag) werden diese Verpackungen zum weit überwiegenden Teil in Buchhandlungen, Zeitschriftenläden, Kiosken, bei Versandhändlern oder in anderen Handelsbetrieben entpackt.

Versandverpackungen aller Art von Büchern fallen typischerweise in privaten Haushalten und vergleichbaren Anfallstellen an und sind damit systembeteiligungspflichtig.

verpackungsregister.org

Systembeteiligung

Wenn man für sich rausgefunden hat, dass man sich registrieren und auch Geld einwerfen muss, sucht man sich einen der 10 Betriebe („Systembetreiber“) raus, mit denen man einen Vertrag schließen kann. Dem gibt man dann Geld und die Sache ist erledigt. Also fast. Dann ist da noch die Meldung der tatsächlichen Mengen, aber dazu gleich.

Ich habe versucht, die Info wiederzufinden, wo sie was zu Versandverpackungen geschrieben hatten, die man schon „vorbeteiligt“ einkaufen kann. Wenn ich den Teil versehentlich doch noch finden sollte oder jemand von euch drüber stolpert, ergänze ich das gerne hier.

Das Aussuchen des Systembetreibers ist eine Herausforderung, die auch hätte einfacher gestaltet werden können, zB indem sie auf der Seite vom Verpackungsregister schon angeben, welche Anbieter Kleinstmengen bearbeiten. Einige fallen mit mengenunabhängigen Mindestbeiträgen einfach schon von Anfang an aus. Oder wenn die Betriebe sich nicht auch noch bescheuerte Namen für ihre jeweiligen Modelle ausgedacht hätten, auch das hätte geholfen, sich dann auf deren Seiten zurechtzufinden.

Ich hab mich durch die Webseiten der 10 genannten Systembetreiber gesucht und bei 9 davon auch die Lizenzrechner finden können. Der Einfachheit halber hab ich mal mit 5 Kilogramm Pappe und Papier pro Jahr gerechnet. Ergebnisse preislich sortiert und mit Angabe des Bruttopreises, wo die Anbieter ihn selbst angeben:

Reclay „activate“: € 12,45 zzgl. MWSt. (€ 14,82 brutto; ab 2024 liegt das Mindest-Systembeteiligungsentgelt bei € 10,-.)
Recycling Dual: € 23,89 zzgl. MWSt. (€ 23,89 ist der dabei inkludierte Mindestbestellwert)
Eco-Punkt „EAZY LIZE“: € 23,90 zzgl. MWSt.
Der Grüne Punkt „VerpackGO“: € 25,00 zzgl. MWSt.
Noventiz: € 29,83 zzgl MWSt. (€ 35,50 brutto)
INTERSEROH+ GmbH / / Lizenzero: € 39,00 zzgl. MWSt.
Landbell „EASy Shop“: € 75,00 zzgl. MWSt. (89,25 brutto)
PreZero: € 79,00 zzgl MWSt. (Der mengenunabhängige Mindestpreis beträgt € 79,- pro Jahr.)
BellandVision: € 89,00 zzgl. MWSt.
Zentek: Hier war ich leider unfähig einen Preiskalkulator auf der Webseite zu finden und ich will wirklich mit keinem Vertriebsleiter Herrn X, Y oder Z Kontakt aufnehmen, um ein persönliches Angebot zu erhalten.

Der Tipp „Reclay“ erreichte mich auch im Fediverse, das scheint wirklich aktuell das beste Angebot zu sein. Und sie haben noch Staffelpreise, je nachdem in welchem Quartal man dazu kommt.

Ablauf

Schritt 1: Man macht sich einen Account bei LUCID, also im Verpackungsregister. Damit ist dann schonmal die Registrierungspflicht erfüllt.

Schritt 2: Man macht sich einen Account bei einem der Systemanbieter, zB Reclay und gibt die voraussichtlich anfallende Jahres-Menge an. Dazu braucht man schon die ID aus dem Verpackungsregister.

Schritt 3: Man meldet regelmäßig die tatsächlichen Mengen an den Systemanbieter UND AUCH AN LUCID! Das ist wichtig! Die haben keine Schnittstelle, wie es scheint. Die Dame am Telefon sagte, man soll die Zahlen, die man beim Systembetreiber angegeben hat, in LUCID rüberkopieren. [Länglichen Rant über Schnittstellenverweigerung in DE wo es echt mal Sinn ergeben würde hier einfügen.] Regelmäßig meint vermutlich 4x im Jahr, die dann auch abschlagsmäßig gezahlt werden. Aber die gehen auch von Regelmengen von 80.000 Kilo Pappe pro Jahr aus.

Schritt 4: Im nächsten Jahr den Betrag beim Systemanbieter wieder einwerfen und Routine von Melden und Kopieren fortführen.

Frage an Autor:innen in Deutschland

Ein Tipp, der mich im Fediverse erreichte, für Menschen, die mit der deutschen Post verschicken: Falls ihr eure Bücher offen (also nicht zugeklebt sondern mit so einem Metallnupsi am Umschlag) versendet und euer Versanddienstleister das als Büchersendung annimmt, könnt ihr europaweit (und wohl auch non-EU) frei von allen möglichen Einschränkungen (Mehrwertsteuern, Zölle) versenden. Ob das auch als Ausnahme für das Verpackungsgesetz gilt, weiß ich nicht. Wenn jemensch da Erfahrungen hat, schreibt das gerne in die Kommentare, dann ergänze ich das hier.

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