Nicht genug sein

Ich hab lang überlegt, ob ich diesen Blogpost schreiben soll. Und dann kam ein Radiofeature über „toxische Positivität“, darüber, wie schädlich es sein kann, immer nur die guten Dinge zu zeigen und nie die negativen. Dieser Blogpost kommt also mit mehreren Triggerwarnungen: #Traurigkeit #Tod #Depression #Unsicherheit

Alle, die das nicht lesen möchten: es wird sicher demnächst wieder fröhlicher. Zeit heilt alle Wunder, oder wie das heißt.

Seit Wochen tu ich mir sehr schwer, mich an den Schreibtisch zu setzen und zu schreiben. Unruhe. Traurigkeit. Das Gefühl, dass alles nicht zusammenpasst. Ich fühle mich irgendwie „falsch“, was vielleicht eine blöde Formulierung ist, aber besser kriege ich sie gerade nicht hin. Mein Kopf ist wattig und ich suche mehr nach passenden Wörtern, als dass ich ganze Sätze bilde. Es will einfach keine Routine einkehren, die mir viele Entscheidungen einfach abnehmen würde: Aufstehen, Zähneputzen, Kaffee, Schreibtisch, Schreibprogramm und erst nach Mittag dann mal in die Mails schauen. Glückliche Zeiten. „Output before Input“. Aber ich kriege das grad nicht hin. Ich stolpere schon beim Aufstehen und Zähneputzen über das Gefühl, alles wäre sinnlos und andere können das mit dem Bücherschreiben und dem Aktivismus ohnehin besser. Dann schau ich in die Mails und vielleicht schaffe ich es sogar, zwei oder drei zu beantworten. An den Schreibtisch geh ich erst gar nicht mehr und zu Mittag bin ich dann schon wieder fertig mit meinem Tag, habe meine Kraftreserven aufgebraucht. Das Jahr war zehrend, direkt ab Anfang Januar bis jetzt in einem durch. Und die ganze Zeit das schlechte Gewissen, nicht genug zu tun, nicht genug zu können und Pausen machen ist etwas Schlechtes. Besonders schlimm ist es, seit mein Musekater am Freitag vor der PrivacyWeek gestorben ist – als würde mir ein Arm und mein Herz fehlen. Und wieder das schlechte Gewissen gegenüber dem Fellow Nerd und den anderen Katzen, die noch da sind und rein gar nichts dafür können. Und doch tut es einfach nur weh. Alles weh.
Morgen sollte der jährliche Adventskalender starten – stay-home-Schafkalender. Ich hab die Deko hingehängt und es sieht weihnachtlich aus. Aber nur draußen. Nur dort, wo die Deko hängt. Ich sollte was tun …

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2 Kommentare

  1. Hey, vieles davon kenne ich. Die Leute, die vom Zauber quatschten, der jedem Anfang innewohne, verstehen das „davor“ nicht. Oder sie verschweigen es. Was es eigentlich bedeutet anzufangen, anfangen zu können angesichts der Zweifel, der Tiefschläge, der Belastung. Das Schreiben, die Einsamkeit, das Kreisen um die eigenen Gedanken… Viele, die bereits eine Abschlussarbeit, zB für ein Studium, geschrieben haben, ahnen, was das bedeuten kann. Ich kenne nicht wenige, die sind darüber krank geworden. Einige, wenige, sogar für viele Jahre. Das, was Du tust, erfordert sehr viel Stärke. Und vielleicht, das weiß ich nicht, auch Phasen von Schwäche und starker Verunsicherung. Bei mir ist das so. Es gehört einfach dazu. Ich kann darin nichts Positives sehen. Aber ich weigere mich inzwischen, mir eine Schuld daran zuzugestehen.

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