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Der Onyx Boox-60 im Uni-Praxistest

Kürzlich gab es beim Literaturcafé einen Test zum Sony PRS-600 zu lesen, dem Gerät, das derzeit am deutschen Markt das wohl am verbreitetsten ist und das ich vor Kurzem beim Thalia vor Ort mit meinen Uniskripten testen durfte. Leider hat er mich besonders wegen der merkwürdig geteilten Anzeige von PDFs nicht überzeugen können – im oberen Teil des Bildschirms wurde eine Übersicht der A4-Seite gezeigt, darunter dann der ausgelesene Text noch einmal. Für wissenschaftliches Arbeiten nicht gerade brauchbar, außer man macht sich die Mühe, alle Unterlagen zu konvertieren, was mit einer kostenlosen Software wie Caliber durchaus möglich aber auch zeitaufwändig ist.

Ein weiteres Gerät am eReading-Himmel machte nun schon seit einer Weile von sich die Kunde und ich hatte das Glück, den Onyx Boox-60 für den Unibetrieb nun genauer unter die Lupe nehmen zu können.

Erster Eindruck
Boox-60 out of the boxMein erster Eindruck war durchaus positiv. Der Reader steckt in einer schwarzen Kunstlederhülle, die sich wie ein Buchumschlag aufklappen und halten lässt. Dabei waren noch USB-Kabel, Ladegerät und eine Kurzanleitung und alles zusammen in einer schnörkellosen, robusten Verpackung. Nichts zu meckern. Die Neugierde hat natürlich sofort gewonnen und ich war positiv überrascht, dass der Reader von Werk aus zu gut 90% geladen ankam – dem sofortigen Kennenlernen stand nichts im Wege. Bücher waren keine vorinstalliert, aber eine 2GB SD Karte dabei, die schnell mit den wichtigsten Uniskripten und zwei „Freizeitbüchern“ versehen im Boox-60 landete.

Äußerlichkeiten
Onyx Boox-60Die erwähnte Schutzhülle bestand sofort den Praxistest – am Sofa liegen und den Reader wie ein Buch halten funktioniert einwandfrei. Alle Bedienelemente sind gut erreichbar, auch die SD Karte kann man ungestört einsetzen und herausnehmen. Dank einer Aussparung an der Hinterseite kann man auch problemlos an den Stylus gelangen. TOP!

Nimmt man den Boox-60 aus der Hülle heraus, liegt die Oberfläche frei – das schlichte weiße Design der Vorderseite erinnert etwas an einen iPod vergangener Generationen. Generell nichts Schlechtes. Die Rückseite ist nur im oberen Teil aus demselben weißen Kunsttoff, der untere Teil scheint aus gebürstetem Metall zu bestehen und fühlt sich etwas stumpf an. Ich fand die Haptik der Rückseite nicht sehr ansprechend und auch meine Kommilitonen waren nicht sonders angetan davon. Also, Hülle wieder drauf und alles ist gut.

Das Display kann gegenüber dem des Sony PRS-600 überzeugen. Da spiegelt nichts und die Schrift ist in allen Lebenslagen und Lichtverhältnissen scharf und gut lesbar. Einen Tick dunkler könnte sie sein, aber das ist möglicherweise persönliche Geschmackssache. Wobei das Lesen im Kinosaal dann bei einsetzender Werbung mangels Hintergrundbeleuchtung ausfiel… 😉 Aber ein normales Buch hätte da auch nicht besser abgeschnitten.

Lesen
Die Menüführung des Boox-60 ist recht komfortabel und intuitiv bedienbar. Deutsch lässt sich zwar bereits als Menüsprache auswählen, funktioniert aber noch nicht; alles wird nach wie vor in Englisch angezeigt – das soll sich aber wohl mit dem kommenden Firmware-Update geben.

Mit dem Drücken der Power-Taste geht der Boox-60 in Standby, den er übrigens gute drei Tage aushält. Nettes Extra: wechselnde Bilder als Bildschirmschoner! Aus dem Standby ist der Boox-60 in 5 Sekunden wieder startbereit. War er vorher ganz abgeschlaten braucht er 17 Sekunden bis zur Einsatzbereitschaft.

Standard-Funktionen wie Bookmarks (Lesezeichen), etc. funktionieren alle einwandfrei. Nichts zu meckern. An allen Windows- und Linux-Rechnern wurde er Reader nach dem Anstecken via USB-Kabel (Standard-Mini-USB) anstandslos als Externlaufwerk erkannt und das Laden der Dateien funktioniert überall ganz einfach per drag’n’drop. SUPER! Einen Mac hatte ich leider nicht für Testzwecke zur Verfügung, vermute hier aber auch allgemeine Problemlosigkeit.

Nicht ganz so simpel (soll heißen: man muss schon im Internet nachlesen) ist das Installieren verschiedener Wörterbücher für den Boox-60 und eigene Schriften kann man ihm auch noch hinzufügen.

Praktisch ist auch die einblendbare Uhr – zum Lernen zwischen den Vorlesungen nett. Gut wäre noch eine kleine Alarm-Funktion, dass man den Anfang der nächsten Veranstaltung nicht verpasst.

Der Boox-60 und die Uni-Skripten
Wie gesagt habe ich den eReader mit in die Uni genommen und auch einigen Kommilitonen zum Testen in die Hand gedrückt. Die Textfiles und Text-PDFs waren allesamt kein Problem, nur die Randnotizen, auf die sich alle sehr gefreut haben, konnten nicht wirklich überzeugen – einigen war der Druck zuviel, den man auf das Display aufbringen muss damit sich „überhaupt etwas tut“ und generell ist das Schreiben mit dem Stylus auf dem Touchscreen zu ungenau. Da kann ein Strich schonmal 6 Millimeter neben der eigentlichen Aufdrucksfläche erscheinen. Die Schrift wirkt pixelig und wird irgendwann einfach zu krakelig. Vor allem wird die Genauigkeit zum Rand des Touchscreens hin immer schlechter – also genau da, wo man Nozizen normalerweise macht. Für Markierungen im Text und Ausrufezeichen am Rand langt es aber allemal.

Eine Anregung kam von einer Kommilitonin: eventuell wär eine Randnotizfunktion wie sie beim OpenOffice oder auch M$Word vorhanden ist eine Alternative zum sinnvollen Exzerpieren von Texten, wobei mir persönlich da die Eingabe wohl ein wenig zu umständlich werden würde.

Positiv fiel dagegen auf, dass man ein doppelseitiges A4 Bild-PDF gut im Landscape-Modus lesen kann und eine Scan-Seite wird komplett angezeigt, sprich: es sind auch die Seitenzahlen gut zu erkennen, was beim wissenschaftlichen Arbeiten entscheidend ist. Wem die Schrift zu klein oder auch zu groß ist, der kann bei Bild-PDFs zwischen insgesamt 12 Zoom-Faktoren wählen. Es gibt dabei auch einen Auswahl-Zoom, die größte Vergrößerung sind 400%. Für Textdokumente gibt es 5 Schriftgrößen.

Basisfunktionen wie Blättern oder Menüführung können sowohl mit dem Stylus als auch mit dem Steuerkreuz bedient werden, wobei es sich als am praktischsten herausgestellt hat, beim Exzerpieren (also Lesen mit angeschalteter Annotations-Funktion für Randbemerkungen, etc.) mit dem Steuerkreuz zu blättern und den Stylus nur für die Anmerkungen zu nutzen.

WLAN & WLAN im Hörsaal
der Vienna Writer's Blog auf dem Boox-60Generell funktioniert WLAN mit dem Boox-60 ganz problemlos. Leider fehlt eine direkte Eingabe der URL, man ann Seiten nur über die Google-Suche erreichen. Voreingestellt sind Google, Wikipedia, Adobe und die Herstellerhomepage Onyx.

Wurde ein Netzwerk bereits einmal verbunden, startet der Boox-60 diese Verbindung automatisch. Sind mehrere drahtlose Netzwerke verfügbar von denen keines bisher verwendet wurde, kommt man auf eine Auswahlseite, auf der im Übrigen unten auch gleich die Mac-Adresse des Gerätes angezeigt wird – praktisch. Der Boox-60 unterstützt Verschlüsselungen WEP open und shared und hatte mit keinem der getesteten Drahtlosnetzwerke Probleme. Leider war das freie Studentennetzwerk am Campus defekt als ich dort war, aber ich vermute, das auch dieses einwandfrei funktionieren dürfte, das hat auch mit dem Palm Pilot immer hingehauen.

Für animierte Inhalte und Flash-Seiten ist das Display des Readers jetzt nicht direkt geeignet, aber für eMails und reine Informationssuche ist das Gerät tatsächlich brauchbar.

Musik
Ja, der Boox-60 spielt auch MP3s ab. Was ich etwas irritierend fand war, dass man die Lautstärke wohl nur mittels des an der Unterkante angebrachten Schalters ändern kann, aber generell ist die Musikwiedergabe während des Lesens kein Problem.

Studentenwünsche

* eine Funktion, mit der man Notiz-Verlinkungen in ein „Bild-Pdf“ einfügen kann (also dass man dann am Rand z.B. einen Punkt hat, auf den man klicken kann und wo sich dann ein kleines Fenster öffnet, in das man (ähnlich wie bei der Word-Notiz-Funktion) etwas hineinschreiben kann)

* USB-Anschluss damit man z.B. eine Tastatur anschließen könnte und einen USB-Stick um Uniskripten direkt auf den Reader kopieren zu können

* Alarm-Funktionen, dass man beim Lernen zwischen den Vorlesungen den Anfang der nächsten Veranstaltung nicht verpasst

* Diktiergerät-Funktion (mit langer Aufnahmezeit um die Vorlesung aufzunehmen)

* externer Lautsprecher für Audiobooks und aufgenommene Sprachnotizen & Vorlesungen

* Kalenderfunktion (wie Sunbird bzw. Thunderbird-Kalender oder überhaupt einen Kalender der auf Google-Calendar zugreift) (wobei man ja über den Browser eh auf den Google-Kalender zugreifen kann…)

* Hintergrundlicht das man aber auch ausschalten kann

* verbesserte Schreib-Funktion

Fazit

+
plattformübergreifende Kompatibilität
Landscape-Ansicht in welcher man doppelseitige PDFs auch noch gut lesen kann
PDF-Zoom
Text-Markierungen
Annotations-Funktion
lange Akkulaufzeit
angenehmes Display auch bei stundenlangem Lesen; kein Spiegeln, etc.
WLAN
Mac-Adresse wird angezeigt, man muss nicht suchen


für’s Exzerpieren dürfte das Display eine Nummer größer sein
Touchscreen zu ungenau (vor allem zum Rand hin)
Refresh-Zeit ein klein wenig zu langsam (wobei es bei ausgeschlatetem „Full-Refresh“ ok ist)
Haptik der Rückseite unangenehm (was sich mit dem Cover auch erledigt hat)

Generell waren wir uns alle einig: ein guter Anfang und vor allem gegenüber dem Sony PRS-600 wirklich im Unibetrieb brauchbar. Das tonnenhafte (und teure) Ausdrucken von Skripten könnte wirklich bald ein Ende haben und die Rückenschmerzen vom Bücherschleppen ebenso. Für den stetigen Gebrauch im Uni-Alltag ist der Boox-60 zwar noch etwas lückenhaft und ein 9″ Display wäre dem komfortablen Arbeiten sicher zuträglich, aber der Anfang ist gemacht. Das Interesse bei den Studenten, denen ich das Gerät gezeigt habe, ist durchaus geweckt und sie konnten sich vorstellen, einen eReader für den Uni-Alltag zu benutzen – wenn auch vielleicht eher ein 9″-Gerät. Der große Vorteil des eReaders ist tatsächlich das nicht-spiegelnde Display, das das lange Lesen und Lernen gegenüber dem an einem Computerbildschirm deutlich angenehmer macht. Auch die Möglichkeit, Textpassagen zu markieren und vor allem Randnotizen zu machen (wenn auch noch nicht optimal) ist hervorragend für Schüler und Studenten geeignet. Eventuell wäre dies sogar ein Anwendungsbereich für Lektoren, würde man sich und den Autoren ganze Papierfluten ersparen!

Ich bin schon gespannt, was Onyx uns im Laufe der nächsten Monate noch präsentieren wird und wie lange es noch dauert, bis die „technische Revolution“ auch am Campus Einzug hält (und damit meine ich nicht flächendeckende Online-Einschreibung die zu unnötigen Wartesemestern führt 😉 ).

[rating:3.5]

GUTSCHEIN!!!
Das Beste zum Schluss: Ich kann stolz verkünden, dass Onyx für den Vienna Writer’s Blog einen -10%-Gutschein auf den Onyx Boox-60 zur Verfügung gestellt hat. Das heißt, Leser des VWB bekommen den Boox-60 um 296,95€! Einzulösen mit dem Code „Onyx-Boox-10%-off-austria“ (die „“ weglassen) bei ebookreaderstore.de.

Onyx Retail | Onyx Deutschland

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2 Kommentare

  1. Halloechen – bin hier gerade ueber mobileread reingeschneit. Alles, was du unter Wuensche aeusserst (und noch mehr), hat der Entourage Edge (entourageedge.com/). Hab ihn gerade aus den USA bekommen und bin schlichtweg begeistert. Fuer Interessierte habe ich auch meine ersten Eindruecke bei mobilread dokumentiert (http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=80783). Das einzig wirklich schlechte an dem Geraet ist der aufgeblaehte Preis, weil er nicht in Europa zu bestellen ist. Anyway, vielleicht gefaellt er Dir ja auch 🙂

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