Schreibblockade. Symbolbild.
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Meine größte Schreibblockade. Ever.

Schreibblockade, pah! Da passt was am Plot nicht. Oder an den Charakteren vielleicht. Aber Autor*innen haben doch keine Schreibblockaden. Also so kurze mal, bis das Problem an der Geschichte gelöst ist! … Ja, das dachte ich auch. Bis jetzt.

Ich glaube es ja selbst noch immer nicht, wie sehr mich die Scheidung von meinem Exmann inklusive Umzug in die Stadt und mehrere Jobwechsel am Stück aus der kreativen Bahn geworfen hat. Um genau zu sein, habe ich die Veränderung total unter- und mich total überschätzt. Zeitgleich.

Kurze Zusammenfassung:
– Schreibplatz weg
– Wohnungssuche
– knapp 25min Pendeln (= Schreibzeit) pro Richtung weg
– Musekatze weg
– emotional voll durch den Wind
– 3 Jobs in einem Jahr
– neuer Freund und nochmal neue Wohnung

Also einmal alles neu. Alles anders. Und keine Kraft mehr, irgendwas zu schreiben. Es ging einfach nicht. Ich hatte erwartet, dass das Schreiben mich durch diese stürmische Phase meines Lebens bringen würde. Ich hatte erwartet, dass das das Einzige sein würde, was mich durch die Veränderung begleiten würde. Tat es aber nicht.

„Blödsinn“, denkt Ihr. „Schreiben ist Handwerk. Da setzt man sich einfach wie immer jeden Tag weiter hin und tippt oder schreibt und gut is.“ Ja, das dachte ich auch. Aber ich schrieb nicht. Ich probierte Orte, Geräte, Stifte, Papiere, alles in Kombinationen. Aber es klappte nicht. Nirgendwo. Am ehesten noch auf dem Balkon in der neuen Wohnung, aber auch grad so leidlich, dass am Ende vier hübsch formulierte eMails bei rausfielen.

Die zwei Kurzgeschichten, die ich 2017 mühevoll aus den Fingerspitzen würgte, waren das höchste der Gefühle und so anstrengend, wie vorher alles andere, was ich je geschrieben hatte, zusammen.

Die Romane, die ich schreiben sollte, waren so weit weg, wie die anderer Autor*innen. Ich konnte mit den Figuren nichts anfangen, die Geschichten waren matt und bedeutungslos. Und ich saß vor der Tastatur wie das Reh vor’m heranrasenden Auto.

Menschen, die nicht kreativ arbeiten, können es sich vielleicht so vorstellen: Ein Buchhalter, der nach einem Unfall aufwacht und plötzlich keine Zahlen mehr versteht. Eine Teamassistentin oder Kommunikationsexpertin, die gestern noch voll darin aufgeging, mit Menschen zu kommunizieren, Probleme zu lösen, etc, die morgens aufwacht und kein Wort der Sprache mehr versteht – oder irgendeiner anderen. Ich saß vor der Tastatur und wusste absolut nichts damit anzufangen. Es war alles so belanglos. So weit weg. So … fremd.

Ich schrieb eMails und Texte für die Arbeit. Werbetexte, Infobroschüren, Dokumentationen. Ich schrieb Texte für den Verein und die PrivacyWeek und bekam viel Feedback, wie gut doch die Texte alle wären. Aber ich schrieb absolut nichts Kreatives. Aus die Maus.

„Kann doch nicht sein! Ich hab doch früher immer schreiben können!“ Früher, ja. Da hab ich aber auch nicht mein komplettes Leben gleich mehrfach am Stück umgekrempelt. Wenn sich eine Sache ändert oder zwei, kann das noch angehen. Aber ALLES ZUGLEICH war wohl etwas viel.

Es hat jetzt zwei Jahre gedauert, bis ich mir das selbst eingestanden habe. Und bis ich jetzt wieder in der Lage bin, immerhin Blogartikel zu verfassen und mir vorzunehmen, das Schreiben wieder fest in meinen Tagesablauf zu integrieren.

Wenn Euch also mal eine große Änderung in Eurem Leben begegnet, seid nicht zu hart zu Euch selbst. Ladet die Kreativität in Euer Leben ein, aber versucht nicht, sie zu zwingen. Offenbar gibt es Zeiten, in denen es einfach mal wirklich nicht geht. Das ist vielleicht doof und noch vielmehr, wenn man eigentlich einen Abgabetermin hat, aber besser ein Buch nicht oder zumindest später rausbringen, als ein schlechtes Buch zu veröffentlichen. Manche Dinge brauchen eben Zeit.

Wenn Ihr kreative Menschen seid, kommt die Kreativität zu Euch zurück. Sie gehört zu Euch. Vertraut darauf und lasst ihr und Euch selber Zeit. Ich weiß, zwei Jahre sind verdammt lang, aber besser als fünf oder zwölf. Und lieber statt ewig mit Zwang auf Geschichten einzudreschen, gestärkt und mit neuen Ideen aus der Dürre hervorgehen.

Das nächste Mal, wenn ich in einer Geschichte irgendwo hänge und nicht weiterkomme, weil am Plot oder an den Charakteren etwas nicht passt, dann freue ich mich. Denn immerhin schreibe ich dann wieder Geschichten. Und was auch immer es dann ist, es könnte schlimmer kommen.

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