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Kaffeehausgeschichten – Teil I

Bislang habe ich im Kaffeehaus die interessantesten Menschen kennengelernt. Ein wahres Original war Roland Starrach. Ein lebenslustiger, gebildeter Mann in den besten Jahren, mit dem ich viele späte Stunden diskutierend im Hawelka oder auf einem unserer Ausflüge und dann meist beim Heurigen erleben durfte. Ein evangelischer Burschenschaftler, seinerzeit Amtsdirektor des Heeresgeschichtlichen Museums hier in Wien und der einzige Mensch, der meinen Vater, einen begeisterten Museumsgänger, bei einem Museumstag wirklich „geschafft“ hat. *g* Roland hatte eine Menge Freunde und Bekannte. Am besten in Erinnerung ist mir „Professor“ Gunther Martin, ein resoluter älterer Herr, mit dem Roland so manches Wortgefecht gefochten hat und beide – vor allem in Heeresgeschichte – enorm gebildet und Hundefanatiker. Selbst dem kleinsten Hund machten sie auf dem Gehsteig Platz mit einem Augenzwinkern und dem Spruch: „Vorsicht, stammt vom Wolf ab!“ So mancher Tagesausflug führte uns drei zu einer spannenden Kirche, wo die beiden dann ausdiskutieren mussten, wann sie denn nun wirklich gebaut worden war, oder wer dieses oder jenes Detail gespendet hatte… Roland kam auch einmal zu meiner Geburtstagsparty, wie immer im Jacket und brachte Blumen mit – Stil und Etikette! Zwischen all den Studenten, die da am Boden saßen, etc. eine kuriose Erscheinung. Allerdings vielfach in angeregten Gesprächen vertieft. Er rauchte Pfeife, war galant und fuhr Auto wie der letzte Henker. Ich hatte ihm versprochen, sobald ich hier in der Nähe von Wien einen Bogenplatz finde, nehme ich ihn zum Schießen mit. Ein Versprechen, das nun uneingelöst bleiben muss. Leider ist Roland im Sommer diesen Jahres gestorben. Krebs und viele Aufenthalte im Spital. Zuletzt habe ich ihn auch gar nicht mehr gesehen, habe erst später von seinem Tod erfahren. Nun werden wir nicht mehr bis morgens um vier im Hawelka sitzten und mein Bogen steht auch noch immer verpackt in der Ecke, da ich im Sommer zuwenig Zeit hatte – oder mir keine nehmen wollte – , einen netten Verein mit schönem Platz zu finden… Ein kleines Wort mag ich allerdings in die Welt senden, vielleicht kommt es ja bei ihm an…
„Lieber Roland, es tut mir so leid, dass wir nie gemeinsam beim Bogenschießen waren. Ich hatte es versprochen und kann es nun nicht mehr einlösen. Dabei hast Du mich so oft mit auf Ausflüge genommen… Ich danke Dir von ganzem Herzen, dass Du mein Leben durch Deine Freundschaft so bereichert hast. Ich hoffe, Du hast nicht leiden müssen und bist jetzt an einem Stammgasttisch im himmlischen Hawelka. Der nächste Pfeil fliegt nur für Dich! – Bis wir uns wiedersehen…“

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